In Wirklichkeit ist die Wahrheit ganz anders

In Wirklichkeit ist die Wahrheit ganz anders: Eine Reise durch subjektive Wahrnehmung und Realität

Heute möchte ich euch die Geschichte von Ute erzählen. Sie ist eine junge Frau und hat ihr Leben eigentlich ganz gut im Griff. Wenn da nicht ihr Exfreund wäre, der in ihrem Kopf herumspukt. Der festen Überzeugung auferlegen, glaubt sie, ihr ehemaliger Partner hätte ihr absichtlich Leid zugefügt. Davon käme sie nicht los, berichtet sie mir mit zittriger Stimme. Sie erinnere sich genau, klar und deutlich, wie er sie manipuliert hat, wie er sie hinterging. Und während sie mir erzählt bebt ihr Körper voller Emotionen. Sie spüre einfach den Schmerz und die Wut, wenn sie an die gemeinsame Zeit denke.

„Wie wirklich ist die Wirklichkeit?“ Diese provokative Frage des bekannten Kommunikationstheoretikers Paul Watzlawick bringt uns direkt zum Kern eines Problems, das uns alle betrifft: Die Diskrepanz zwischen subjektiver Wahrnehmung und objektiver Realität. Die Welt, wie wir sie erleben, ist oft eine Konstruktion unserer eigenen Gedanken, unserer Überzeugungen und Erfahrungen – und was wir für wahr halten oder wahr halten möchten, ist nicht immer überprüfbar oder gar real!

Und Ute ist sicher: Er wollte ihr schaden. Die kleinen Bemerkungen, das Vergessen von wichtigen Terminen, die unterschwelligen Andeutungen – all das sieht sie als Beweise für seine Böswilligkeit. Ihre Freundinnen unterstützen sie in dieser Ansicht, bestärken sie in ihrer Wahrnehmung. Doch was, wenn diese „Wahrheit“ nur in Ute’s Kopf existiert?

Die Macht der subjektiven Wahrnehmung

Paul Watzlawick sagte einst: „Es gibt keine Wirklichkeit, die unabhängig von der Wahrnehmung existiert.“ Für Ute ist die Erinnerung an das erlebte Leid absolut real. „Ich fühle es doch“, erzählt sie mir.  Doch wenn wir genauer hinschauen, stellen wir fest, dass ihre Überzeugung auf einer Interpretation beruht, die weder überprüfbar noch objektiv bestätigt werden kann.

Die Realität, so Watzlawick, wird durch unsere Kommunikation und unsere Interaktionen mit der Welt konstruiert. Utes Partner könnte eine völlig andere Erinnerung an dieselben Ereignisse haben – vielleicht war er unsicher, ungeschickt oder einfach nicht bewusst, wie sehr seine Handlungen Ute verletzten. In seiner Realität wollte er ihr möglicherweise niemals schaden. Ich hätte ihn ja gerne kennengelernt, um seine Sichtweise zu erforschen.

Die Gefahr der selbstgeschaffenen Realität

Was passiert, wenn wir unsere subjektive Wahrnehmung als absolute Wahrheit akzeptieren? Wir bauen eine Welt um uns herum, die nicht unbedingt mit der Realität anderer Menschen übereinstimmt. Das führt zu Missverständnissen, Konflikten und, wie bei Ute zu tiefer Verbitterung.

Man kann nicht „nicht“ kommunizieren“, so lautet ein weiteres berühmtes Zitat Watzlawicks. Diese Aussage betont, dass jede unserer Handlungen – ob bewusst oder unbewusst – eine Botschaft übermittelt. Doch was, wenn die Botschaft vom Empfänger anders interpretiert wird, als sie vom Sender gemeint war? Genau das scheint in Ute’s Geschichte passiert zu sein.

Der Weg zur Selbstreflexion

Der erste Schritt, um aus dieser Falle der subjektiven Wahrnehmung auszubrechen ist die Erkenntnis, dass unsere Sicht auf die Dinge nicht die einzig mögliche Wahrheit ist. Es erfordert Mut und Selbstreflexion, sich selbst zu fragen: Könnte ich mich irren? Könnte es sein, dass meine Interpretation der Ereignisse nur eine von vielen möglichen ist?

Wenn Ute bereit wäre, die Perspektive ihres Partners zu verstehen, könnte sie erkennen, dass seine Handlungen nicht aus Boshaftigkeit, sondern vielleicht aus Unwissenheit oder Missverständnissen heraus resultierten. Das würde ihr die Möglichkeit geben, nicht nur den Schmerz loszulassen und Frieden zu finden, sondern könnte ihr helfen, zu vergeben. Dabei ist nicht gemeint, dass böswilliges Verhalten gut wird, sondern dass es aus dem eigenen emotionalen Schmerzkörper herausdarf. Nicht zu vergessen sind Aspekte von emotionaler Sucht; wir alle kennen die Dramaqueen’s oder das „immer wieder Erleben“ von bestimmten Gefühlen. Das ist ein anderer Blogg. Darüber habe ich schon oft geschrieben!

Fazit

Die Wahrheit ist oft vielschichtiger, als wir es uns vorstellen. Unsere Wahrnehmung ist kein neutraler Spiegel der Realität, sondern eine subjektive Konstruktion, die durch unsere Erfahrungen, Überzeugungen und Gefühle geprägt ist. „Wie wirklich ist die Wirklichkeit?“ fragt Watzlawick – und fordert uns damit auf, die Grenzen unserer eigenen Sichtweise zu hinterfragen.

Ute ist noch auf dem Weg. Noch kann sie nicht vergeben. Sie lernt gerade, dass es immer verschiedene Perspektiven auf dieselbe Realität gibt. Die Wahrheit ist selten so eindeutig, wie sie auf den ersten Blick scheint. Indem wir uns dessen bewusstwerden, können wir offener, toleranter und letztlich freier werden.

Sei wild und frei…

Vielleicht denkst du mal in einer konfliktreichen Situation:

IN WIRKLICHKEIT IST DIE WAHRHEIT GANZ ANDERS

Seht ihr den Mond dort stehen?

Er ist nur halb zu sehen

Und ist doch rund und schön!

So sind wohl manche Sachen,

die wir getrost belachen,

weil unsre Augen sie nicht sehn.

Aus: Der Mond ist aufgegangen
Mathias Claudius